Freelancer: Eine Einführung in den Einsatz von Freelancern

Einführung 

Schon angesichts des Weg­falls der Vor­rat­ser­laub­nis wird die Frage der Abgren­zung selb­st­ständi­ger und weisungs­ge­bun­den­er Tätigkeit­en beim Drittper­son­alein­satz wieder an Bedeu­tung gewin­nen. Die sozialver­sicherungsrechtliche Abgren­zung erfol­gt allerd­ings teil­weise anderen Kri­te­rien als die zwis­chen Dien­stver­trag und Arbeit­nehmerüber­las­sung sowie zwis­chen der Def­i­n­i­tion der Beschäf­ti­gung im Arbeits- oder Steuerrecht.

Im Zusam­men­hang mit neuen For­men der Selb­st­ständigkeit, z.B. beim Crowd­sourc­ing, dominiert die sozialver­sicherungsrechtliche Abgren­zung im Hin­blick auf wirtschaftliche Risiken. Denn am Ende dürften die Auswirkun­gen ein­er fehler­haften Sta­tus­bes­tim­mung eines Arbeit­nehmers als Selb­st­ständi­gem deut­lich ver­heeren­dere Auswirkun­gen auf den Auf­tragge­ber haben als die verse­hentliche Beze­ich­nung ein­er Arbeit­nehmerüber­las­sung als selb­st­ständi­ger Dienst- oder Werkver­trag. Das hat seinen Grund darin, dass für den Fall ein­er nachträglich fest­gestell­ten Ver­sicherungspflicht, also ein­er „Schein­selb­st­ständigkeit“, allein Nachzahlun­gen des Gesamt­sozialver­sicherungs­beitrages in der Sozialver­sicherung für einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren (§ 25 Abs. 1 SGB IV: 4 Jahre ab Ende des Jahres der Fäl­ligkeit) bzw. bei vorsät­zlich­er Voren­thal­tung sog­ar bis zu 30 Jahren dro­hen. In Fällen, in denen Unternehmen zu einem weit über­wiegen­den Teil mit „Free­lancern“ zusam­men gear­beit­et haben, hat das schon so manche Exis­tenz gekostet.

Hin­weis:

Der Fehler schlechthin ist es in diesen Fällen, wenn Unternehmen steuer­liche Rück­stel­lun­gen zur Abfederung des Nachzahlungsrisikos bilden. Damit ist der Vor­satz man­i­festiert und der Nachzahlungszeitraum beträgt dann 30 Jahre.

Gle­ich­wohl ist in den üblicher­weise betrof­fe­nen Branchen regelmäßig völ­liges Unver­ständ­nis anzutr­e­f­fen, wenn auf die Gefahren und vor allem auf die Kri­te­rien ein­er Schein­selb­st­ständigkeit hingewiesen wird. Dies liegt nicht zulet­zt daran, dass auf­grund der nur sel­ten erfol­gre­ichen Betrieb­sprü­fun­gen der Renten­ver­sicherungsträger bei den beteiligten Per­so­n­en und Unternehmen der Ein­druck entste­ht, die Tätigkeit als Free­lancer, unab­hängig davon, wie dicht sie an ein­er Tätigkeit als Arbeit­nehmer tat­säch­lich ist, sei völ­lig unverdächtig als ver­sicherungs­frei einzustufen. Dass in eini­gen Bere­ichen region­al teil­weise flächen­deck­end mit schein­selb­st­ständi­gen „Free­lancern“ gear­beit­et wird (z.B. Im Bere­ich von Messe- und Gas­tronomie­di­en­stleis­tun­gen) führt neben den Risiken in der Sozialver­sicherung zusät­zlich zu ein­er Wet­tbe­werb­sverz­er­rung, da die „ehrlichen“ Auf­tragge­ber, die solche Ver­tragsver­hält­nisse sozialver­sicherungsrechtlich kor­rekt als Arbeitsver­hält­nisse betra­cht­en, auf­grund höher­er Kosten nicht mehr wet­tbe­werb­s­fähig sind. In der Kon­se­quenz sind auch diese Unternehmen häu­fig dazu gezwun­gen, ihre Mitar­beit­er ver­sicherungs­frei zu beschäfti­gen oder ihr Geschäft völ­lig aufzugeben.

Was die betrof­fe­nen Per­so­n­en­grup­pen bet­rifft, ist zu unter­schei­den. So gab und gibt es viele prekäre Beschäf­ti­gungsver­hält­nisse Solo-Selb­st­ständi­ger, deren Ziel es eher ist, eine bessere Absicherung durch einen Sta­tus als abhängig Beschäftigter zu erlan­gen. Ander­er­seits ver­fol­gt eine immer größere Per­so­n­en­gruppe sog. Wis­sensar­beit­er das gegen­teilige Ziel. Vor allem Dien­stleis­ter aus dem IT- oder Auto­mo­tivesek­tor, aber auch Kranken­häuser kla­gen darüber, dass Per­so­n­en, die sie gerne beschäfti­gen möcht­en, zwar dur­chaus zu ein­er Tätigkeit­sauf­nahme bere­it sind, es allerd­ings ablehnen, ein sozialver­sicherungspflichtiges Beschäf­ti­gungsver­hält­nis einzuge­hen. Sie betra­cht­en sich im wahrsten Sinne des Wortes als Free­lancer, sind hoch qual­i­fiziert, erzie­len Tages- und Monatsver­di­en­ste, die weit über den Gehäl­tern ver­gle­ich­bar Arbeit­nehmer liegen und ver­ste­hen deshalb nicht, warum sie Teil des geset­zlichen Renten- und Sozialver­sicherungssys­tems sein müssen. Das gilt in gle­ich­er Weise für Per­so­n­en die kün­st­lerisch tätig sind. Auch für diese ist es oft­mals Kern ihrer Iden­tität, keinen Arbeit­nehmerpflicht­en zu unter­liegen und selb­st­ständig tätig zu sein, freilich oft­mals mit ein­er deut­lich gerin­geren Vergü­tung. Aus Pflege­berufen oder der Gas­tronomie ist ähn­lich­es zu vernehmen, um nur einige Branchen zu nennen.

Jeden­falls bei gut ver­di­enen­den Spezial­is­ten ist auch nicht einzuse­hen, warum sie im Gegen­satz zu schlecht ver­di­enen­den Selb­st­ständi­gen Pflicht­mit­glieder der Sozialver­sicherung sein müssen, hängt es oft­mals nur von kleinen Details in der Tätigkeit ab, die den Unter­schied zwis­chen Arbeit­nehmer und Free­lancer aus­machen. Den Schutz der Sozial­sys­teme benöti­gen sie nicht. Das die Sys­teme ihre Beiträge benöti­gen, ist etwas anderes.

Viel sin­nvoller ist es stattdessen, eine tätigkeits­be­zo­gene Arbeit­nehmerde­f­i­n­i­tion durch eine finanzielle Gren­ze zu erset­zen. Rechtlich selb­ständig wäre dann, wer mehr als einen Betrag X ver­di­ent, wobei über die Höhe dieses Betrages natür­lich unter­schiedliche Vorstel­lun­gen existieren. Der Sinn dieser Forderung zeigt sich vor allem bei den oft­mals prekären Beschäf­ti­gungsver­hält­nis­sen Solo-Selb­st­ständi­ger. Zwar erfüllen diese Per­so­n­en rel­a­tiv unprob­lema­tisch die Kri­te­rien für eine Selb­st­ständigkeit, da es an der typ­is­chen Ein­bindung in die Organ­i­sa­tion des Auf­tragge­bers fehlt (jeden­falls dann, wenn z.B. ein Crowd­work­er zuhause arbeit­et und der Tax­i­fahrer sein eigenes Fahrzeug benutzt). Angesichts effek­tiv entste­hen­der Stun­den­löhne von z.T. deut­lich unter 5 € pro Stunde (vgl. Däubler/Klebe NZA 2015, 1032) ist allerd­ings nicht zu ver­ste­hen, warum ein Schutz dieser Per­so­n­en, der etwa den Wer­tun­gen der arbeit­nehmerähn­lichen Selb­ständi­gen entspricht (§ 5 Abs. 1 ArbGG), nicht einkom­mens- son­dern eher zufäl­lig eingliederungs­be­zo­gen erfol­gt. Aber das bleiben Forderun­gen für die Zukunft.