Das Mobile-Office

Dig­i­tale Nomaden“ ist das Stich­wort: Ger­ade in Start-ups lassen sich Mitar­beit­er ungern in ihren Möglichkeit­en beschränken und fordern die freie Wahl von Ort und Zeit der Tätigkeit selb­stver­ständlich ein. Mor­gens sur­fen, nach­mit­tags pro­gram­mieren am Strand – so sieht der beru­fliche All­t­ag für Arbeit­nehmer in vie­len jun­gen Unternehmen immer häu­figer aus.

1. Hintergrund

Tätigkeit­en in Mobile- und Home­of­fice haben durch erweit­erte tech­nis­che Möglichkeit­en und den all­ge­meinen Trend zur Flex­i­bil­isierung – Arbeit­en 4.0. als Stich­wort – in der Ver­gan­gen­heit stark zugenom­men. Das gilt nicht nur die sog. Telear­beit im Home­of­fice, die das Geschehen seit den Achtziger­jahren prägt. Angesichts der tech­nisch möglichen voll­ständi­gen Vir­tu­al­isierung von Arbeit­splätzen und einem größeren Flex­i­bil­isierungs­bedürf­nis von Arbeit­ge­bern und Arbeit­nehmern wird das Home­of­fice zunehmend durch eine völ­lig freie und wech­sel­nde Wahl des Arbeit­sorts ergänzt, die allein der Beschäftigte trifft. Café, Home­of­fice, Zug oder Flugzeug, Inland oder Aus­land – über­all kann gear­beit­et wer­den und wird auch gearbeitet.

Die the­o­retisch beste­hende Verpflich­tung des Arbeit­ge­bers, den Arbeit­splatz des Mitar­beit­ers außer­halb des Unternehmens einzuricht­en oder die Kosten hier­für zu übernehmen, entspricht selb­st im Home­of­fice schon lange nicht mehr der Real­ität. Meis­tens ist es der Beschäftigte, der nicht vor Ort tätig sein möchte. Ist das Unternehmen damit ein­ver­standen, hält es die Sache gern kosten­neu­tral. Aber auch Arbeit­nehmer möcht­en zu Hause nicht unbe­d­ingt an einem licht­grauen Büro­tisch des Arbeit­ge­bers son­dern lieber an ihrem Design­er­stück sitzen. Das sieht bei der tech­nis­chen Infra­struk­tur ein wenig anders aus: Rech­n­er kom­men meis­tens noch vom Unternehmen, aber schon das Handy des Mitar­beit­ers wird genau­so oft genutzt, pri­vates und beru­flich­es also gern vermischt.

Prax­is­tipp

Kosten des Mobile Offices spie­len – obgle­ich generell eine Pflicht zur Kos­ten­tra­gung durch den Arbeit­ge­ber gem. § 670 BGB beste­ht – fak­tisch keine Rolle, abge­se­hen möglicher­weise von Reisekosten zu betrieblichen Besprechun­gen oder Veranstaltungen.

 

2. Besonderheiten des Mobile Office

Der Unter­schied zwis­chen Home- und Mobile Office ist in erster Lin­ie tat­säch­lich­er Natur. Bei der Arbeit im Home­of­fice wird sta­tionär an immer dem­sel­ben Ort gear­beit­et. Für das Unternehmen ist es deshalb – wenig­stens the­o­retisch – möglich, den Arbeit­splatz entsprechend den Anforderun­gen des Arbeitss­chutz- und Daten­schutzrechts einzuricht­en und hier­bei eine Mitwirkung des Beschäftigten einzufordern.

Ist der Arbeit­nehmer dage­gen ort­sun­ab­hängig tätig, kann der Arbeit­ge­ber naturgemäß viele Anforderun­gen an den Arbeitss­chutz nicht mehr erfüllen und auch keinen Arbeit­splatz ein­richt­en. Auch mit der Mitbes­tim­mung des Betrieb­srats ist es schwierig, denn wie lassen sich mögliche Mitbes­tim­mungsrechte beacht­en, wenn man wed­er Arbeit­szeit noch ‑ort kennt?

Wichtig

Wird es dem Mitar­beit­er zusät­zlich ges­tat­tet, auch im Aus­land tätig zu sein, kom­men sozialver­sicherungs- und steuer­rechtliche Fra­gen hinzu, die eine erhe­bliche Kom­plex­ität aufweisen, in der Prax­is junger Unternehmen allerd­ings meist kaum bis gar keine Beach­tung finden.

 

3. Kein Anspruch auf Tätigkeit im Mobile Office

Das deutsche Arbeit­srecht ken­nt – anders als z. B. das der Nieder­lande – keinen Anspruch des Arbeit­nehmers auf eine Tätigkeit im Home- oder Mobile Office. Es gilt noch immer § 106 GewO, der allein dem Arbeit­ge­ber das Recht zubil­ligt, Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit zu bes­tim­men. Er hat es rechtlich daher allein in der Hand, inwieweit er Wün­schen sein­er Arbeit­nehmer auf eine flex­i­ble Gestal­tung des Arbeit­sorts (und auch der Arbeit­szeit) entgegenkommt.

Ander­er­seits kön­nen Unternehmen ihre Mitar­beit­er nicht zu ein­er Tätigkeit im Mobile Office zwin­gen, obwohl auch dieser Wun­sch bei kleineren Arbeit­ge­bern häu­figer anzutr­e­f­fen ist. Ein Zugriff auf pri­vate Ressourcen des Beschäftigten ist jedoch ein unzuläs­siger Ein­griff in seine Privatsphäre.

 

4. Vereinbarung über Mobile Office

Selb­stver­ständlich kön­nen die Arbeitsver­tragsparteien Zeit und Umfang ein­er Tätigkeit im Mobile Office vere­in­baren. Sagt der Arbeit­ge­ber die Möglichkeit hierzu ver­traglich ohne eine das Direk­tion­srecht erweit­ernde oder abän­dernde Bes­tim­mung zu, ist er an diese Zusage nach all­ge­meinen arbeit­srechtlichen Regelun­gen gebun­den und kön­nte die Zusage des Mobile Offices nur durch eine Änderungskündi­gung mit entsprechen­den Grün­den beseit­i­gen. Unternehmen soll­ten sich also gut über­legen, ob sie eine uneingeschränk­te ver­tragliche Zusage zur Tätigkeit im Mobile Office tat­säch­lich abgeben wollen.

Hat man dem Arbeit­nehmer die Tätigkeit im Mobile Office nur im Rah­men des Direk­tion­srechts zuge­sagt, lässt sich diese Zusage nach § 106 GewO grund­sät­zlich frei „wider­rufen“ und ein neuer Arbeit­sort fes­tle­gen. Die stren­gen Anforderun­gen der Recht­sprechung zur Wider­ru­flichkeit einzel­ner Ver­trags- oder Vergü­tungs­be­standteile gel­ten in solchen Fällen nicht. Den­noch ver­langt auch die Ausübung des Direk­tion­srechts eine angemessene Berück­sich­ti­gung der Inter­essen des Mitarbeiters.

Recht­sprechung – Änderung des Tätigkeitsorts

Klauseln, die eine Änderung des Tätigkeit­sorts ermöglichen und dem Unternehmen somit das Recht zur Beendi­gung des Mobile Offices ein­räu­men, dür­fen die Sit­u­a­tion des Beschäftigten nicht völ­lig unberück­sichtigt lassen. Sie müssen z. B. den Hin­weis auf das „Vor­liegen betrieblich­er Bedürfnisse“ (BAG, Urt. v. 28.8.2013 – 10 AZR 569/12), auf eine Berück­sich­ti­gung von „Leis­tun­gen und Fähigkeit­en des Mitar­beit­ers“ (BAG, Urt. v. 13.3.2007 – 9 AZR 433/06, AuA 2/08, S. 120) oder min­destens auf die Zumut­barkeit der Änderun­gen enthal­ten (all­ge­mein hierzu LAG Düs­sel­dorf, Urt. v. 10.9.2014 – 12 Sa 505/14, vgl. AuA 1/15, S. 50).

 

Prax­is­tipp

Um spätere Auseinan­der­set­zun­gen zu ver­mei­den emp­fiehlt es sich, von vorn­here­in eine klare Regelung darüber zu tre­f­fen, inwieweit Tätigkeit­en außer­halb des Arbeit­splatzes aus­geübt wer­den dür­fen. Dazu gehören:

  • der zeitliche Umfang,
  • die Pflicht zur Anwe­sen­heit vor Ort an bes­timmten Tagen oder zu bes­timmten Ereignissen,
  • eine Orts­beschränkung (Inland, Aus­land), vor allem aus Grün­den von Daten­schutz und Versicherung,
  • Wider­ruf­s­rechte für bei­de Seiten.

 

Muster – Tätigkeitsort

(1) Der Arbeit­nehmer ist zur Tätigkeit im Mobile Office berechtigt.

(2) Der Tätigkeit­sort ist beschränkt auf die Bun­desre­pub­lik Deutsch­land / fol­gende Länder: …

Dabei darf der Arbeit­nehmer sich max­i­mal … Tage im Aus­land, davon … Tage im Land A und … Tage im Land B aufhalten.

(3) Bei betrieblichen Erfordernissen (Besprechun­gen, Vertre­tung) ist der Arbeit­nehmer zu ein­er Tätigkeit in den Betrieb­sräu­men des Arbeit­ge­bers verpflichtet.

(4) Der Arbeit­ge­ber kann die Möglichkeit zur Tätigkeit im Mobile Office aus betrieblichen Erfordernissen ganz oder teil­weise wider­rufen, sofern dies für den Arbeit­nehmer zumut­bar ist.

(5) Der Arbeit­nehmer kann jed­erzeit die Rück­kehr auf einen fes­ten Arbeit­splatz in den Räu­men des Arbeit­ge­bers verlangen.