Zulässigkeit von Nachforderungsbescheiden nach Betriebsprüfungen
In welcher Höhe Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind, hängt u.a. davon ab, ob die Gleitzonenregelung einschlägig ist. Dies ist wohl auf jeden Fall bei Altersteilzeitbeschäftigten zu bejahen. Ein Bescheid, der dessen ungeachtet, vom Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge nachfordert, ist rechtswidrig, so das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 15.08.2018 (Az. B 12 R 4/18 R).
Dem Gericht lag ein Fall vor, in dem die deutsche Rentenversicherung (DRV) vom Arbeitgeber eine Nachzahlung vermeintlich versäumter Sozialversicherungsbeiträge i.H.v. über 1.500 EUR einforderte. Dagegen setzte sich Letzterer erfolgreich zur Wehr. Konkret ging es um Beiträge für eine Arbeitnehmerin, deren wöchentliche Arbeitsstunden sich – gleich ihrem Arbeitsentgelt – aufgrund einer geschlossenen Altersteilzeitvereinbarung reduzierten. Während sich die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge grundsätzlich an der vollen Höhe des Arbeitsentgelts orientiert, ist die sog. Gleitzonenregelung des § 20 Abs. 2 SGB IV (aF) anzuwenden, wenn das Arbeitsentgelt in der „Gleitzone“ (400,01 bis 800 EUR/mtl. bzw. bis 1.300 EUR/mtl. nF) liegt. Auf dieser Grundlage jedenfalls hatte der Arbeitgeber den für die Arbeitnehmerin zu zahlenden Anteil berechnet.
Fehlbeurteilung des Versicherungsträgers
Die Versicherung bewertete diese Beitragsberechnung in der Betriebsprüfung als fehlerhaft. Sie argumentierte, dass die Gleitzonenregelung nicht anwendbar sei, wenn sich das Arbeitsentgelt aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung verringert und der Arbeitnehmer deshalb in die Gleitzone absinkt. Damit sei – so die DRV – dem mit der Regelung verfolgten Ziel, einen Anreiz zur Aufnahme von Teilzeitbeschäftigungen zu schaffen, nicht gedient. Verringerte Arbeitszeiten aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung seien daher nicht zu berücksichtigen.
Keine Ausnahmen von der Regel
Dem trat das BSG jedoch entschieden entgegen und begründete dies mit dem Gesetzeswortlaut und der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Ausnahmen für die Anwendbarkeit des Gesetzes seien danach nicht ersichtlich. Weder in der Legaldefinition der Gleitzone, noch in den besonderen Vorschriften der gesetzlichen Kranken‑, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung über die Beitragsbemessung und Beitragstragung lässt sich eine Stütze für die Argumentation des Versicherungsträgers entnehmen. Die Gleitzonenregelung sei daher auch für Altersteilzeitbeschäftigte anwendbar, so das Gericht. Und das sogar unabhängig davon, ob sie schon vor Beginn der Altersteilzeitvereinbarung zutraf oder sich erst währenddessen ergab.
Gegen entsprechende Nachzahlungsbescheide der Versicherungsträger können sich Arbeitgeber dank dieser Entscheidung also erfolgreich wehren. Unsere RechtsanwältInnen unterstützen Sie hierbei gerne.
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