Säumniszuschläge — (Verschuldete) Unwissenheit schützt vor Zahlung nicht
Zahlt man seine Sozialversicherungsbeiträge nicht, obwohl man es müsste, fordert der Versicherungsträger regelmäßig nicht nur den entsprechenden Beitrag, sondern – ab dem Eintritt der Kenntnis von der Beitragspflicht – auch sog. „Säumniszuschläge“. Dies gilt auch bei verschuldeter Unkenntnis, also auch dann, wenn der Arbeitgeber die Tatsachen kennt, die seine Beitragsschuld begründen oder zumindest (als Rechtslaie) nachvollziehen kann, dass eine Beschäftigung vorliegt, die beitragspflichtig ist. So sieht es das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 12.12.2018 (Az. B 12 R 15/18 R).
Gefahr erheblicher Säumniszahlungen
Für die Berechnung des Säumniszuschlags wird für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Zuschlag i.H.v. 1% des rückständigen Beitrags (auf 50 EUR nach unten abgerundet) erhoben. Wenn nach der Betriebsprüfung Sozialversicherungsbeiträge nacherhoben werden und die Säumniszuschläge anfallen, kann das sehr teuer werden. Das durfte auch die Klägerin im dem BSG vorliegenden Fall erfahren. Der Versicherungsträger forderte nach einer Betriebsprüfung Sozialversicherungsbeiträge i.H.v. über 54.300 EUR nach, davon satte 14.480,50 EUR Säumniszuschläge. Diese entfallen nur, sofern der Schuldner glaubhaft darlegen kann, dass er keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte und dieses Nichtwissen auch nicht selbst verschuldet hat.
Konkretisierter (sozialrechtlicher) Verschuldensmaßstab an § 24 Abs. 2 SGB IV
Das BSG hat nun in seiner Entscheidung den Maßstab, der an die unverschuldete Unkenntnis zu stellen ist, konkretisiert. Es hat klargestellt, dass mindestens bedingter Vorsatz für ein Verschulden erforderlich ist. „Bedingter Vorsatz“ meint, dass der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht für möglich hält, die Nichtzahlung seiner Beiträge dennoch mindestens billigend in Kauf nimmt und sich mit dem Risiko abfindet. Es kommt dabei also auf den Wissensstand der für die Zahlungspflicht (mit-)verantwortlichen Personen an.
Säumniszuschläge aufgrund von fahrlässig nicht gezahlten Beiträgen (nach § 276 BGB) sind damit endgültig vom Tisch. Das begründet das Gericht wie folgt: Säumniszuschläge sollen eine verspätete Beitragszahlung sanktionieren. Es soll Druck auf den Säumigen ausgeübt werden, fällige Beiträge fristgerecht zu zahlen. Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn der Betroffene seine Zahlungspflicht zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt und nicht schon bei bloßer Fahrlässigkeit.
Nicht für einen Säumniszuschlag ausreichen würde ebenso wenig das Wissen des Arbeitgebers, um die bloße Möglichkeit der Beitragserhebung.
Arbeitgeber aufgepasst – Für die Praxis:
Hat beim Arbeitgeber innerhalb der letzten Jahre eine entsprechende Betriebsprüfung stattgefunden, bei denen (unberechtigt) Säumniszuschläge nachgefordert wurden, kann beim Versicherungsträger auf Grundlage dieser Entscheidung ein Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X gestellt werden. Wird der Antrag unverzüglich gestellt, können Zuschläge für bis zu vier Jahren zurückerstattet werden. Die RechtsanwältInnen von AMETHYST unterstützen Sie gerne.
- Weiterführende Informationen finden Sie auch unter folgenden Stichworten: “Betriebsprüfung” und “Haftung”.