Vorsicht Schadensersatz! Hinterziehung von Sozialversicherungsabgaben kann teuer werden

Wer als Arbeit­ge­ber Sozialver­sicherungs­beiträge des Arbeit­nehmers voren­thält, kann sich gegenüber dem zuständi­gen Sozialver­sicherungsträger schadenser­satzpflichtig machen (§ 266a StGB i.V.m. 823 II BGB). Voraus­set­zung dafür ist u.a., dass der Arbeit­ge­ber vorsät­zlich keine Sozial­beiträge geleis­tet hat. Welche Maßstäbe an diesen Vor­satz zu knüpfen sind, stellte das OLG Frank­furt in sein­er Entschei­dung vom 29.01.2020 (Az. 23 U 46/19) klar.

Wann ist Vorsatz zu bejahen?

Vor­satz ist bei pflichtwidrig unter­lassen­em Abführen von Sozialver­sicherungs­beiträ­gen nur dann anzunehmen, wenn sich der Betrof­fene sein­er Stel­lung als Arbeit­ge­ber bewusst ist, die daraus resul­tierende Sozialver­sicherungspflicht zumin­d­est für möglich hält und sich mit deren Ver­let­zung abfind­et. Heißt konkret: Er müsste erkan­nt und bil­li­gend in Kauf genom­men haben, dass möglicher­weise eine abhängige Beschäf­ti­gung vor­liegt, aus der sich eine Beitragspflicht ergibt und, dass diese durch fehlende Anmel­dung oder unvoll­ständi­ge oder unrichtige Angaben ver­mei­d­bar wäre.

Ob dies der Fall ist, hat das Gericht im Einzelfall anhand der konkreten Tatum­stände zu prüfen. Hier­für kön­nen z.B. Indizien wie die Erfahren­heit des Arbeit­ge­bers im Geschäftsverkehr eine Rolle spie­len oder, ob das The­ma ille­galer Beschäf­ti­gung in der jew­eili­gen Branche bekan­nt ist. Auch kann rel­e­vant sein, ob das gewählte Geschäftsmod­ell von vorn­here­in auf die Umge­hung sozialver­sicherungsrechtlich­er Pflicht­en aus­gelegt ist. Für Kau­fleute, die als Arbeit­ge­ber zu qual­i­fizieren sind gilt dies­bezüglich eine Erkundi­gungspflicht hin­sichtlich der arbeits- und sozial­rechtlichen Situation.

Geschäftsführer ohne ausreichende Kapitalbeteiligung sind abhängig beschäftigt

In dem Fall, mit dem sich das OLG auseinan­der­set­zte, forderte der Ver­sicherungsträger Schadenser­satz für nicht gezahlte Beiträge für den Geschäfts­führer eines Unternehmens nach. Er sei nicht als selb­st­ständig einzuord­nen, son­dern als abhängig Beschäftigter. Es hät­ten damit für ihn Beiträge abge­führt wer­den müssen, was jedoch ver­säumt wurde.

Der Beklagte ging jedoch zum einen auf­grund sein­er Geschäfts­führertätigkeit von sein­er Selb­st­ständigkeit aus und wegen eines mit sein­er Ehe­frau abgeschlosse­nen Treuhand­ver­trages – fälschlicher­weise, wie das Gericht mit einem Ver­weis auf die BSG-Recht­sprechung klarstellte.

Danach seien Geschäfts­führer, die nicht mehr als 50 Prozent der Anteile am Stammkap­i­tal hal­ten, grund­sät­zlich als abhängig beschäftigt einzuord­nen. Eine selb­st­ständi­ge und damit beitrags­freie Tätigkeit kann nur angenom­men wer­den, wenn dem Geschäfts­führer eine Rechts­macht eingeräumt wurde, die ihm ges­tat­tet, sich nicht nach den Weisun­gen der Gesellschafter zu richten.

Außer­halb des Gesellschaftsver­trages beste­hende wirtschaftliche Ver­flech­tun­gen, wie z.B. ein Treuhand­ver­trag, seien für die Beurteilung der Selb­st­ständigkeit irrel­e­vant, so das Gericht.

Keine Schadensersatzpflicht ohne Vorsatz

Obwohl der Beklagte damit die objek­tiv­en Voraus­set­zun­gen für eine Schadenser­satzpflicht erfüllt, verneinte das OLG einen Anspruch des Sozialver­sicherungsträgers. Es sei nicht zu erken­nen, dass der beklagte Geschäfts­führer zu irgen­deinem Zeit­punkt seinen sozialver­sicherungsrechtlichen Sta­tus hin­ter­fragt hätte oder gle­ichgültig ein­er entsprechen­den Erkundi­gungspflicht nicht nachgekom­men sei, so das Gericht. Er enthielt dem Ver­sicherungsträger die Beiträge somit nicht vorsät­zlich vor. Ein Schadenser­satzanspruch wegen ver­säumter Beitragszahlun­gen sei damit ausgeschlossen.

Praxistipp – Rechtssicherheit durch Rechtsberatung

Zahlt der Arbeit­ge­ber die Sozial­beiträge nicht kann das viele rechtliche und finanzielle Prob­leme nach sich ziehen. Von Nach­forderungs­beschei­den und Säum­niszuschlä­gen über Schadenser­satz bis hin zur Geld- oder Frei­heitsstrafe (nach § 266a StGB). Daher ist es beson­ders wichtig, sich rechtlich abzu­sich­ern. Wir von AMETHYST-Recht­san­wälte helfen dabei gern.