Kurzarbeitergeld und Corona-Soforthilfe – Prognose: Massenrückforderungsbescheide sind wahrscheinlich
Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen binnen kürzester Zeit in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht. Schnell entwickelten Bund und Länder Hilfsprogramme und versprachen Unterstützung. In diesem Zuge wurden beispielsweise die Voraussetzungen für den Kug-Antrag erleichtert und Corona-Soforthilfen ausgezahlt. Nach dem Motto „Schnell und ohne Haken“. AMETHYST-Rechtsanwälte sieht das kritisch.
Kurzarbeitergeld und Corona-Soforthilfe als Rettungsanker
Das Kurzarbeitergeld (Kug) soll Arbeitsentgeltausfall zum Teil ausgleichen und Entlassungen verhindern. Wegen der Corona-Krise sind die Antragsbedingungen erleichtert worden. Die Arbeitnehmer müssen keine „Minusstunden“ vorweisen und insgesamt müssen nur 10 Prozent der Betriebsbeschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein. Außerdem können auch Leiharbeitnehmer in Kurzarbeit gehen.
Mit den Corona-Soforthilfen hingegen sollen Soloselbstständige, Freiberufler und Kleinstunternehmen mit coronabedingten Liquiditätsengpässen gefördert werden. Bis zum 31.05.2020 konnte hierfür bei den zuständigen Landesbehörden ein Antrag gestellt und ein einmaliger Zuschuss für Sach- und Finanzausgaben von bis zu 15.000 EUR ausgelöst werden.
Vorbehalt von Nachprüfungen
Auch wenn die Behörden die Anträge aufgrund der Vielzahl im Schnellverfahren geprüft haben, können sie sich Nachprüfungen vorbehalten und gemachte Angaben sowie eingereichte Unterlagen auch im Nachhinein auf Plausibilität prüfen sowie Nachweise über getätigte Verwendungen der Hilfen anfordern.
Schon im Zuge der Finanzkrise 2008/2009 sind zunächst schnelle staatliche Hilfen gewährt worden, jedoch nach der Krisenbewältigung Sonderprüfungsgruppen eingerichtet und Auszahlungen zurückgefordert worden. Zudem gab es besonders gründliche und verschärfte Betriebsprüfungen, bei denen die finanziellen Gegebenheiten jedes Betriebes genaustens unter die Lupe genommen wurden. Es spricht einiges dafür, dass es jetzt ähnlich laufen könnte.
Erste Rückforderungen der Corona-Soforthilfen laufen bereits an
In NRW werden bereits erste Rückforderungen der Corona-Soforthilfe eingefordert. Hier hat seit Anfang Juli das sogenannte Rückmeldeverfahren begonnen. Im Zuge dessen werden Soforthilfeempfänger mittels eines auszufüllenden Formulares über die Ausgaben der Soforthilfen befragt, um den tatsächlichen Finanzengpass der betroffenen Unternehmen zum Zeitpunkt der Antragstellung zu errechnen. Da die Soforthilfe zweckgebunden für Sach- und Finanzausgaben ausgezahlt wurde, kann sie zurückverlangt werden, wenn sie für andere Zwecke ausgegeben wurde oder falsche Angaben bei der Antragstellung gemacht wurden.
Jedoch war vielen Antragstellern bis dato nicht bewusst, dass Personal- und Arbeitskosten nicht in die Berechnung des Finanzengpasses fallen. Außerdem wurde im Rückmelde-Formular erstmals eine Obergrenze von 800 EUR für Anschaffungskosten aufgeführt. Ausgaben, die darüber liegen fallen ebenfalls raus. Weil diese Bedingungen für viele im Vorhinein nicht erkennbar waren und die Anforderungen aus dem Rückmeldeverfahren für viele überraschend kamen, fürchten viele Antragsteller durch drohende Rückzahlungen nun um ihre Existenz. Hierfür ist das Land NRW zunehmend kritisiert worden.
Aktueller Stand und Prognose
Aufgrund der Abrechnungs- und Rückzahlungsproblematiken, die sich jetzt nach und nach aufzeigen, hat der Bund nun allen Ländern ermöglicht, eine Stellungnahme zum Abrechnungsverfahren abzugeben. NRW hat in diesem Zuge um Beantwortung einiger Fragen zum Rückmeldeverfahren gebeten. Bis zur Klärung ist das Rückmeldeverfahren dort erst einmal ausgesetzt, wie auf der Website der Landesregierung verkündet wurde. Außerdem klärt die Regierung in NRW Fragen, die sich Betroffenen stellen, die der Rückmeldeaufforderung bereits gefolgt sind und entsprechende Rückzahlungen geleistet haben.
Auch wenn das Rückmeldeverfahren hier erst einmal auf Eis gelegt ist und die Rückzahlungsbedingungen von Bund und Ländern nun neu korrespondiert werden, zeigt die Entwicklung insgesamt: Die Behörden forschen nach und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Rückforderungen fortgesetzt werden und ein bundesweites Ausmaß annehmen.
Auch strafrechtliche Folgen bei Falschangaben möglich
Insbesondere Halbwahrheiten und Falschangaben bei der Antragstellung oder unrechtmäßige Ausgaben der Hilfen können über Rückzahlungen hinaus, auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen. In unserem Beitrag „Der Antrag auf Kurzarbeitergeld: Was bei Falschangaben droht“ erläutern wir, welche Auswirkungen konkret Falschangaben beim Kug nach sich ziehen.
Ob nun bei der Beantragung von Kug oder der Corona-Soforthilfe, keinesfalls sollte es auf die leichte Schulter genommen werden, wenn es zu Fehlern in der Antragstellung gekommen sein könnte, die (Nach-)Prüfung ansteht oder bereits ein Rückforderungsbescheid ergangen ist.
Tipp — Checkliste
Grundsätzlich und insbesondere vor der Antragstellung können Checklisten hilfreich sein, um Fehler bei der Antragstellung zu vermeiden. Es ist zu klären:
- Wer ist antragsberechtigt?
- Was sind die Antragsvoraussetzungen?
- Liegen diese Voraussetzungen bei mir/ meinem Betrieb/ Unternehmen vor?
- Welche Nachweise sind zu erbringen?
- Sind meine Angaben vollständig und wahrheitsgemäß?
Auch wenn Sie erst im Nachhinein feststellen, dass Ihnen Fehler bei der Antragstellung unterlaufen sein könnten, ist es ratsam, sich rechtlich beraten zu lassen. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit, einen Rückforderungsbescheid zu erhalten umso größer. Wir von AMETHYST-Rechtsanwälte, sichern Sie gerne ab.