Statusfeststellung und Betriebsprüfungsverfahren nicht zeitgleich möglich
Das Statusfeststellungsverfahren und die Einleitung eines Betriebsprüfungsverfahrens schließen sich gegenseitig aus. Das hat das BSG mit seinem Urteil vom 04.09.2018 festgestellt (Az. B 12 KR 11/17 R). Ob ein Nachforderungsbescheid hinsichtlich der Zuständigkeit der DRV rechtmäßig sei, hänge davon ab, welches Verfahren zuerst eingeleitet worden ist, so das Gericht.
Statusfeststellung vs. Betriebsprüfung – Die Reihenfolge entscheidet
Einmal mehr lag dem BSG ein Fall über die Klärung der Rechtmäßigkeit eines Nachforderungsbescheids der DRV vor. Das Besondere an diesem Fall? Fraglich war nicht nur der Status der betroffenen Mitarbeiter, sondern auch die Zuständigkeit der DRV.
Im konkreten Fall beantragten zwei – vertraglich als freie Mitarbeiterinnen eingestufte – Beschäftigte eine Statusfeststellung bei der DRV Bund. Daraufhin erreichte das Unternehmen, bei welchem die betroffenen Personen arbeiteten, ein Beitragsnachforderungsbescheid der DRV Braunschweig-Hannover. Eine Betriebsprüfung des Regionalträgers hatte ergeben, dass besagte Mitarbeiterinnen als Angestellte und somit als versicherungspflichtig einzustufen seien. Deshalb forderte die DRV Braunschweig-Hannover Beiträge inklusive Säumniszuschläge im 5‑stelligen Bereich vom Arbeitgeber nach. Dagegen klagte der Arbeitgeber.
Keine Divergenz bezüglich der Versicherungspflicht
Zwar war hier grundsätzlich allein der Regionalträger der DRV (Braunschweig-Hannover) für Betriebsprüfungen bei der Klägerin und entsprechende Bescheide zuständig. Allerdings ist die Zuständigkeit des Regionalträgers generell zu verneinen, sofern und soweit vor der Einleitung des Betriebsprüfungsverfahrens bereits ein Statusfeststellungsverfahren bei der DRV Bund für die Feststellung der Sozialversicherungspflicht beantragt wurde. Denn hier gelte das Ausschlussprinzip, so das BSG.
Danach schlössen sich eine Anfrage über die Statusfeststellung und ein Betriebsprüfungsverfahren über dieselben Mitarbeiter gegenseitig aus. Dann sei entscheidend, welches Verfahren zeitlich zuerst erfolgt ist. Dies ist damit begründet, dass sich bei der Statusfeststellung eine unzulässige Elementenfeststellung verbietet – Heißt: Die Statusfeststellung ermächtigt nicht zur bloßen Prüfung einer abhängigen Beschäftigung, sondern verpflichtet nach ständiger Rechtsprechung auch zur Entscheidung über das (Nicht-)Bestehen der Versicherungspflicht. Mit dem Ausschlussprinzip sollen divergierende Entscheidungen der Versicherungsträger vermieden werden. Vorliegend ging der Fall zur Klärung der Verfahrensreihenfolge zurück an die Vorinstanz.
Die Vertragsgestaltung allein ist nicht entscheidend
Das Gericht hatte sich außerdem mit der Frage zu beschäftigen, ob die fraglichen Mitarbeiterinnen als selbstständig oder angestellt einzustufen waren. Dem Versicherungsträger reichte die nachträgliche vertragliche Umwandlung des ehemaligen Angestelltenverhältnisses der Mitarbeiterinnen in eine freie Mitarbeit nicht für die Annahme der Selbstständigkeit aus.
Das Gericht führte hierzu aus, dass regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen sei. Die Verwaltung und die Gerichte seien jedoch verpflichtet, diesen konkret festzustellen. Entscheidend sei auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen, sodass zu prüfen sei, ob die Selbstständigkeit nur zum Schein vereinbart wurde, um der Versicherungspflicht zu entgehen.
Erst auf der Grundlage der nach den üblichen Kriterien, wie Weisungsgebundenheit und Risikoverteilung etc., getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen, kann bewertet werden, ob die Tätigkeit als selbstständig oder abhängig einzustufen sei.
Praxistipp – Prüfung formeller und materieller Rechtmäßigkeit des Bescheides
Es reicht also nicht aus, die Tätigkeit der Beschäftigten vertraglich als „freie Mitarbeit“ zu kennzeichnen, wenn dies nicht den Tatsachen entspricht. Diesbezüglich ist Vorsicht geboten, denn sonst kann es teuer werden.
Außerdem zeigt diese Entscheidung einmal mehr, dass es für die Rechtmäßigkeit eines Nachforderungsbescheides nicht nur auf materielle Fragen ankommt, sondern auch auf formelle Gegebenheiten, wie die Zuständigkeit des Versicherungsträgers. Eine Prüfung des Nachforderungsbescheids durch kompetente Rechtsanwälte kann daher hilfreich sein. Unsere RechtsanwältInnen von AMETHYST Rechtsanwälte beraten Sie gerne.
- Weiterführende Informationen finden Sie auch unter folgenden Stichworten: „Betriebsprüfung“ und „Haftung”.