Aufwendungsersatz kann nicht im Equal Pay-Entgelt berücksichtigt werden
Erhalten Leiharbeitnehmer zzgl. zur vereinbarten Vergütung echten Aufwendungsersatz, d.h., z.B. steuerfreie Zuschüsse für Fahrtkosten sowie Verpflegungsmehr- und Übernachtungsaufwendungen, können diese Zuschüsse im Rahmen von Betriebsprüfungen nicht auf das ihnen zustehende Equal-Pay-Entgelt angerechnet werden. Das stellte das BSG in seinem Urteil vom 18.01.2018 (Az. B 12 R 3/16) erneut klar.
Kein Abweichen von Equal Pay bei ungültigem Tarifvertrag
Grundsätzlich haben Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher einen Anspruch auf die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen, inklusive des Arbeitsentgelts (Equal Pay-Grundsatz). Hiervon abweichende Vereinbarungen sind unwirksam, es sei denn der geltende Tarifvertrag lässt ein abweichendes Arbeitsentgelt zu. Erweist sich der Tarifvertrag jedoch als ungültig, so wie bei der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP), ist kein Abweichen vom Equal Pay-Grundsatz möglich.
Was bei Equal Pay (nicht) zu berücksichtigen ist
Grundsätzlich erfasst „Equal Pay“ alle „wesentlichen Arbeitsbedingungen“. Dazu zählt etwa – neben Urlaubsentgelt, Entgeltfortzahlung, Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschlägen auch – ohne Zweifel das Arbeitsentgelt, auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohns. Werden den verliehenen Arbeitnehmern zzgl. zu ihrem Arbeitsentgelt Zuschüsse für Fahrtkosten sowie Verpflegungsmehr- und Übernachtungsaufwendungen gewährt, bleiben diese beim Vergleich des Arbeitsentgeltes mit den Stammarbeitern des Entleihers außen vor. Der Verleiher kann also nicht davon ausgehen, dass er den Equal Pay-Grundsatz einhält, wenn das Gehalt, das er seinen Leiharbeitnehmern zahlt erst aufgrund der Hinzurechnung von Fahrtkostenzuschüssen, dem Arbeitsentgelt der Stammarbeiter des Entleiherbetriebes entspricht.
Echter Aufwendungsersatz kompensiert nur Verleiherinteressen
Entsprechende Zuschüsse werden also nicht in das zu vergleichende Entgelt einberechnet. Denn als echter Aufwendungsersatz kompensieren sie nur im Interesse des Verleihers getätigte Aufwendungen der Leiharbeitnehmer. Diese seien aber gerade (nur) dadurch entstanden, dass die Leiharbeitnehmer ihre Arbeitsleistung nicht im Verleiher‑, sondern auswärts im Entleiherbetrieb zu erbringen hatten. Bei einem solchen echten Aufwendungsersatz, fehlt es somit am Entgelt(-ersatz-)charakter (vgl. die Definition des Arbeitsentgelts gem. § 14 SGB IV). Ein solcher sei nur anzunehmen, wenn eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer konkret erbrachte Arbeitsleistung erkennbar ist. Daraus folgt, sofern bei etwaigen Zuschüssen nicht erkennbar ist, dass es sich um verschleiertes Arbeitsentgelt handeln könnte, ist es weder arbeitsrechtlich noch bei der Bemessung des Sozialversicherungsbeitrags als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen.
Mit EU-Recht vereinbar
Diese Handhabung sei auch europarechtskonform, so das BSG. Die Außerachtlassung echter Aufwandsentschädigungen als Arbeitsentgelt führe zu keiner verbotenen Einschränkung von Leiharbeit nach Art. 4 I der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Leiharbeit. Ganz im Gegenteil. Ziel der Richtlinie sei es gerade, für den Schutz der Leiharbeitnehmer zu sorgen, auch indem wesentliche Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer, während ihrer Überlassung mindestens denjenigen entsprechen müssen, die für sie gelten würden, wenn sie direkt vom Entleiherbetrieb als Stammarbeitnehmer für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären. Dieser Schutz würde – auch nach europarechtlichen Kriterien – umgangen, wenn Leiharbeitnehmer auf ein im Vergleich zu einem Stammarbeitnehmer geringeres Arbeitsentgelt zzgl. Zuschüsse verwiesen werden könnten, welche nicht zu einer Vermögensmehrung durch zusätzliche Entlohnung führen würden.
Auswirkungen auf die Betriebsprüfung bei Nichtbeachtung von Equal Pay
Equal Pay sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wird die Gleichstellungspflicht ignoriert, steht dem Leiharbeitnehmer gegen den Verleiher wegen Verletzung des Equal Pay-Grundsatzes ein Gleichstellungsanspruch zu, der mit der Überlassung der Leiharbeitnehmer entsteht (Entstehungsprinzip). Für die Arbeitnehmer gezahlte Versicherungsbeiträge sind also ggf. nach oben zu korrigieren. Für die Betriebsprüfer ist dabei egal, ob die zu gering bezahlten Arbeitnehmer selbst den ihnen nach dem Equal Pay-Grundsatz zustehenden Arbeitsentgeltanspruch geltend gemacht haben oder nicht. Hat der Arbeitgeber ein zu geringes Arbeitsentgelt gezahlt, kann dies hohe Beitragsnachforderungen nach sich ziehen.
- Weiterführende Informationen finden Sie auch unter folgenden Stichworten: „Betriebsprüfung“ und „Haftung”.