Der Einsatz von Freelancern X — Interim Management

Interim Management

1. Einführung, Bedeutung

Inter­im Man­age­ment ist eine Son­der­form des Ein­satzes von Free­lancern. Inter­im Man­ag­er sind hoch qual­i­fizierte Berater, die Unternehmen ihre Erfahrung für einen begren­zten Zeitraum zur Ver­fü­gung stellen. Bei den Beteiligten spricht man in der Regel von Auf­tragge­ber, Inter­im Man­ag­er und dem ver­mit­tel­nden Inter­im Provider.

Bei der Tätigkeit des Inter­im Man­agers kann es sich sowohl um klas­sis­che Pro­jek­tauf­gaben (Dilenge, DB 2015, 2271) wie auch um all­ge­meinere Leitungstätigkeit­en, z.B. die Über­nahme ein­er klas­sis­chen Leitungs­funk­tion in einem Unternehmen han­deln. In diesem Zusam­men­hang ist es auch möglich, dass der Inter­im Man­ag­er gegenüber angestell­ten Arbeit­nehmern Weisun­gen erteilen darf. Man spricht hier von ein­er Lin­ien­funk­tion, (Quelle Wikipedia) die auch Par­al­le­len zu Fallgestal­tun­gen in Matrixor­gan­i­sa­tio­nen oder bei Fremdgeschäfts­führern aufweist.

 

2. Dienstvertrag und Selbstständigkeit

Bei dem Ver­tragsver­hält­nis zwis­chen Auf­tragge­ber und Inter­im-Man­ag­er han­delt es sich um einen Dien­stver­trag gem. § 611 BGB, da kein für einen Werkver­trag kon­sti­tu­tiv­er Erfolg vere­in­bart wird.

Sofern der Inter­im Man­ag­er seinen „Man­age­ment-Ver­trag“, der die Tätigkeit im Einzel­nen bes­timmt und Rechte und Pflicht­en fes­tlegt, direkt mit dem Auf­tragge­ber abschließt und der Provider lediglich eine Ver­mit­tlung­spro­vi­sion (ggf. auch als Tages­satz) erhält, ist dies rechtlich nichts anderes als ein Free­lancere­in­satz, bei dem für die Sta­tus­beurteilung diesel­ben Kri­te­rien gel­ten. Entschei­dend kommt es auf die konkrete Aus­gestal­tung der Tätigkeit und die kor­re­spondieren­den ver­traglichen Vere­in­barun­gen an, aus denen ersichtlich wird, ob eine selb­ständi­ge oder eine angestellte Tätigkeit in per­sön­lich­er Abhängigkeit vor­liegt. Recht­sprechung zu dieser Frage existiert nicht. Doch helfen die „Che­farzt-Entschei­dun­gen“ von BAG (27.7.1961 – 2 AZR 255/60) und BSG (29.3.1962 – 3 RK 74/57) weit­er, deren Sachver­halte mit den Inter­im-Ein­sätzen am ehesten ver­gle­ich­bar sind. Denn während das Beruf­s­recht Chefärzten eine völ­lige Weisungs­frei­heit zusichert, sind sie doch organ­isatorisch in das Gefüge eines Kranken­haus­es einge­bun­den. Das BAG meint für diese Sachver­halte, die notwendi­ge Weisungs­frei­heit des Che­farztes sei für die Selb­st­ständigkeit noch nicht aus­re­ichend. Entschei­dend sei darauf abzustellen, ob der Che­farzt, wenn er auch in der Ausübung seines ärztlichen Berufs eigen­ver­ant­wortlich sei, im Übri­gen bei sein­er Tätigkeit im Wesentlichen vom Kranken­haus­träger per­sön­lich abhängig und an dessen Weisun­gen gebun­den sei.(BAG 27.7.1961 – 2 AZR 255/60)

Ähn­lich das BSG: Das Merk­mal der per­sön­lichen Abhängigkeit könne in Gren­zfällen sowohl durch die Eingliederung in einen Betrieb — Ver­wal­tung, Haushalt — als auch, beim Fehlen eines Betriebes oder ein­er Ver­wal­tung, durch Weisungs­ge­bun­den­heit gekennze­ich­net sein. Je weniger allerd­ings das Direk­tion­srecht des Arbeit­ge­bers in Gestalt aus­drück­lich­er Weisun­gen in Erschei­n­ung trete, je mehr der Arbeit­nehmer bei der Gestal­tung sein­er Arbeit auf sich selb­st gestellt sei, um so größeres Gewicht erhalte das Merk­mal der Eingliederung in einen über­ge­ord­neten Organ­is­mus für die Abgren­zung zwis­chen abhängig geleis­teter Arbeit und selb­ständig ver­richteten Dien­sten. Die Weisungs­ge­bun­den­heit des Arbeit­nehmers ver­feinere sich in einen solchen Fall zur „funk­tion­s­gerecht­en, dienen­den Teil­habe“ am Arbeit­sprozess. (BSG 29.3.1962 – 3 RK 74/57)

Was bedeutet das? Wer auch ohne aus­drück­liche Weisung weiß, was von ihm ver­langt wird, ist Arbeit­nehmer. Der Che­farzt hat zu operieren, der Predi­ger hat zu predi­gen. Der Che­farzt muss diverse Abläufe und Vor­gaben organ­isatorisch­er Art im Kranken­haus beacht­en. Hier ist der Inter­im Man­ag­er deut­lich freier, jeden­falls, sofern er dafür eingekauft wird, Abläufe zu reformieren und nicht zu ver­wal­ten. Dann entwick­elt er selb­st Verän­derungs- oder Pro­jek­tkonzepte und gibt diese an Mitar­beit­er weit­er. Wie und auf welche Weise er das macht, kann er selb­st entscheiden.

In diesem Zusam­men­hang ist es auch möglich, dass der Inter­im Man­ag­er gegenüber angestell­ten Arbeit­nehmern Weisun­gen erteilen darf. Dass der Inter­im-Man­ag­er Weisun­gen als „Man­ag­er“ erteilt, ist unbeachtlich, dies macht auch der Che­farzt, der selb­st­ständig sein kann. Ver­traglich und tat­säch­lich ist nur die Weisungs­ge­bun­den­heit stets auf die auf­trags­be­zo­ge­nen Anweisun­gen zu beschränken. Das ist die Grund­vo­raus­set­zung für eine Selb­st­ständigkeit. Für eine Selb­ständigkeit des Inter­im-Man­agers sprechen zudem fol­gende Aspek­te (sofern tat­säch­lich erfüllt):

  • er ist in der Regel in seinem Gebi­et absoluter Spezial­ist und kann deshalb bere­its kaum fach­liche Weisun­gen empfangen,
  • er ist nicht auf Dauer nur für einen Auf­tragge­ber tätig, da Ein­sätze im Inter­im Man­age­ment in der Regel max­i­mal 6–12 Monate dauern,
  • er sollte jeden­falls in der Gestal­tung sein­er Arbeit­szeit frei sein und eine Anwe­sen­heit­spflicht darf nicht bestehen,
  • auf­grund der Kürze sein­er Ein­sätze fehlt es oft­mals an der wirk­lichen Eingliederung,
  • die Ver­trags­gestal­tung spricht für die Selb­st­ständigkeit. (vgl. zu diesem Aspekt Dilenge DB 2015, 2273)

Oft­mals dürfte das Pen­del, ob gewollt oder nicht, den­noch in Rich­tung ein­er Arbeit­nehmereigen­schaft auss­chla­gen, weil viele der vor­liegen­den Punk­te ger­ade nicht erfüllt sind. (Auch nach BSG 31.8.2016 – B 12 R 19/15 B, Entschei­dungs­gründe liegen noch nicht vor.) Immer­hin kommt es bei fast allen Ein­sätzen zu ein­er tat­säch­lichen Eingliederung in die Organ­i­sa­tion­sstruk­turen des Auf­tragge­bers. Denn ohne Anwe­sen­heit vor Ort und in den Räu­men des Auf­tragge­bers ist eine Man­age­men­tauf­gabe kaum aus­führbar. Wenn aber schon eine Tätigkeit vor Ort erfol­gt, spricht auch sehr viel für eine tat­säch­liche Eingliederung des Man­agers. Einen Pro­jek­tar­beit­er kann man selb­st in Räu­men des Auf­tragge­bers noch separi­eren, mit einem „Manger“, der sich ständig mit Kol­le­gen abstimmt, dürfte dies schon schwieriger werden.

 

3. Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung

Für die Fälle, in denen der Inter­im-Man­ag­er seien Ver­trag direkt mit dem Auf­tragge­ber abschließt, spielt die AÜG-Reform mit dem Weg­fall der Vor­rat­ser­laub­nis. keine Rolle. Denn verdeck­te Arbeit­nehmerüber­las­sung kann es nur im Drei-Parteien-Ver­hält­nis geben. Wün­scht der Provider eine stärkere Beteili­gung am Pro­jek­tein­satz, beste­ht er auf stun­den- oder tageweise Bezahlung, übern­immt er das Inkas­so bzw. das Vergü­tungsrisiko gegenüber dem Inter­im Man­ag­er und ggf. sog­ar ein Bere­it­stel­lungsrisiko gegenüber dem Auf­tragge­ber, erwartet er von dem Inter­im-Man­ag­er möglicher­weise auch die Ein­hal­tung von Zeit- und Ortsvor­gaben bzw. eine Ver­füg­barkeit (was angesichts der rel­a­tiv fes­ten Ein­satzbe­din­gun­gen oft angenom­men wer­den kann), so rückt das Ver­tragsver­hält­nis deut­lich näher an die Arbeit­nehmerüber­las­sung her­an. Kommt es nun zu ein­er ver­stärk­ten Eingliederung des Inter­im Man­agers bei dem Auf­tragge­ber, der im Zwei-Per­so­n­en-Ver­hält­nis eine Schein­selb­st­ständigkeit nach sich zöge, führte dieser Vor­gang zu unzuläs­si­gen weil nicht ord­nungs­gemäß deklar­i­erten Über­las­sung. Die Fol­gen hier­von wur­den bere­its aufgezeigt.

Hin­weis:

Die bish­erige Ver­trags­gestal­tung und auch Ver­tragsprax­is bei Inter­im-Man­age­mentverträ­gen sollte drin­gend auf Risiken ein­er verdeck­ten Arbeit­nehmerüber­las­sung über­prüft wer­den. Es emp­fiehlt sich unter allen Umstän­den, den Provider hin­re­ichend aus den ver­traglichen Weisungs­beziehun­gen her­aus zu nehmen und zu einem bloßen „Ver­mit­tler“ oder „Abwick­ler“ zu reduzieren, der dem Man­ag­er sein Hon­o­rar auch möglichst nicht selb­st auszahlen sollte. Auch wenn Inter­im-Man­ag­er in aller Regel kein Inter­esse daran haben, auf Beste­hen eines Arbeitsver­hält­niss­es zu kla­gen, dro­hen auf­grund der ille­galen Arbeit­nehmerüber­las­sung bei­den Seit­en erhe­bliche Bußgelder.