Der Einsatz von Freelancern V — Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag
1. Notwendige Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag
Auch wenn man über den Charakter von Zirkusnummern als Dienst- oder Werkvertrag streiten kann, haben diese im Vergleich zu reinen Dienstleistungen, die z.B. am PC erbracht werden, den Vorteil, dass ein klar abgrenzbarer Leistungsgegenstand erkennbar ist (wie auch bei Dienstleistungen von Ärzten oder Rechtsanwälten). Fehlt es hieran und richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen mehr oder weniger nach dem Tagesbedarf des Auftraggebers, so liegt bereits darin oft ein Indiz gegen einen Werkvertrag. Das ist noch nicht überraschend.
Ist der Auftragnehmer jedoch zusätzlich in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess eingegliedert, sehen Gerichte bei einer Einbindung vor Ort kaum mehr Raum für die Annahme freier Dienstverhältnisse und schließen aus dem Fehlen werkvertraglicher Elemente direkt auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses (BAG 25.9.2013 – 10 AZR 282/12). Die Begründung des BAG: Ohne werkvertragliche Elemente scheide schon jedes Unternehmerrisiko aus, weshalb ein näheres Heranrücken (des Dienstvertrages) an das Arbeitsverhältnis naturgemäß gegeben sei (BAG 25.9.2013 – 10 AZR 282/12).
Der Werkunternehmer hat es also stets leichter als der im Dienstvertrag tätige Freelancer, seine Selbstständigkeit nachzuweisen. Das zeigt sich wieder im Zirkusfall. Bei den Artisten gibt es eine konkrete Leistungsbeschreibung, die verdeutlicht, dass der Zirkus eine inhaltlich fest umrissene Leistung „einkauft“, infolge der für ein die geschuldete Leistung ausgestaltendes Weisungsrecht der Auftraggeberin kein Raum verbleibt (BAG 11.8.2015 – 9 AZR 98/14).
Hinweis:
Zwar sträuben sich Dienstleister aus gutem Grund dagegen, Werkverträge zu vereinbaren, da sie die werkvertragliche Erfüllungs- und Gewährleistungsverpflichtung fürchten. Dennoch ist es aus sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht immer sinnvoll, darüber nachzudenken, einem Vertrag mehr werkvertragliche Elemente zu verleihen. Elemente hierfür können Festpreise statt Stunden- oder Tageshonorare sein, genau umschriebene Leistungsgegenstände, notfalls auch im Rahmen einfacher „Ticket-Systeme“, die aus den Bereichen von Industriedienstleistern zur Vergabe kleinerer Unteraufträge hinlänglich bekannt sind. Das kann zur Not durch täglich neues Ausstellen einzelner „Tickets“ geschehen.
2. Einfache und höher qualifizierte Arbeiten
Für Tätigkeiten, die sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbracht werden können, gilt der Grundsatz, dass bei untergeordneten, einfachen Arbeiten eher eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation anzunehmen ist als bei gehobenen Tätigkeiten. Bei einfachen Tätigkeiten, insbesondere manchen mechanischen Handarbeiten, bestehen schon von vornherein nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten. Daher können schon wenige organisatorische Weisungen den Beschäftigten in der Ausübung der Arbeit so festlegen, dass von einer im Wesentlichen freien Gestaltung der Tätigkeit nicht mehr die Rede sein kann. In derartigen Fällen kann die Arbeitnehmereigenschaft auch nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Dienstgeber die wenigen erforderlichen Weisungen bereits in den Vertrag aufnimmt (BAG 16.7.1997 – 5 AZR 312/96).
Hinweis:
Im Zweifel sollten nur qualifizierte Tätigkeiten auf Selbstständige übertragen werden.