Beiträge zur Berufsgenossenschaft optimieren II
4. Berechnung der Beiträge
Die Aufbringung der Mittel für die gesetzliche Unfallversicherung ist im sechsten Kapitel des SGB VII genauer geregelt. Gemäß § 167 Abs. 3 SGB VII bestimmen die Satzungen der jeweiligen Berufsgenossenschaften die Einzelheiten der Beitragsberechnung. Die Grundlagen der Berechnung sind jedoch in § 167 Abs. 1 SGB VII gesetzlich festgelegt. Ausgangspunkt für die Berechnung der Beiträge ist der Finanzbedarf der jeweiligen Berufsgenossenschaft. Nach diesem werden die Beiträge im Wege der Umlage berechnet. Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage sowie des Verwaltungsvermögens nötigen Beträge einer Berufsgenossenschaft decken. Die Beiträge ergeben sich demnach aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten (§§ 153 Abs. 2, 165 SGB VII), den Gefahrklassen (§ 157 SGB VII) sowie dem Beitragsfuß (§ 167 Abs. 2 SGB VII).
Der Beitragsfuß wird durch die Division des Umlagesolls durch die Beitragseinheiten errechnet. Die Beitragseinheiten bestimmen sich nach allen zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten sowie den jeweils zugehörigen Gefahrklassen, welche sich aus der Gefahrtarifveranlagung des Unternehmens ergeben. Um die Beitragseinheiten zu bestimmen, werden die Arbeitsentgelte mit der Gefahrklasse multipliziert. Die Umlage beschreibt die Verteilung der Aufwendungen einer Berufsgenossenschaft, das Umlagesoll wiederum stellt den Finanzbedarf einer Berufsgenossenschaft dar, der mittels eines Umlageverfahrens zwischen den Berufsgenossenschaften aufzubringen ist. Der Bedarf setzt sich aus den Ausgaben, dazu gehören auch Beitragsausfälle, unzulässige Ausgaben, wie etwa überbezahlte Leistungen oder nicht geltend gemachte Ansprüche, abzüglich der Einnahmen, etwa Bußgelder, Regresse, Zinsen, Beiträge für frühere Jahre sowie den Zuführungen zur Rücklage, zu den Betriebsmitteln und zum Verwaltungsvermögen zusammen.
Beachtung sollte außerdem dem sogenannten Beitragsausgleichsverfahren geschenkt werden. Dabei handelt es sich um eine gesetzlich vorgeschriebene Komponente der Beitragsberechnung. Aus § 162 SGB VII geht hervor, dass jede gewerbliche Berufsgenossenschaft in diesem Sinne Nachlässe zu bewilligen oder Zuschläge aufzuerlegen hat. Die überwiegende Mehrzahl der Satzungen der jeweiligen Berufsgenossenschaften sehen deshalb besondere Beitragszuschlagsverfahren vor.
5. Wechsel der Berufsgenossenschaft
In Fällen hoher Beitragsbelastung sollten Unternehmen überlegen, ob nicht ein Wechsel der Berufsgenossenschaft in Frage kommt. Das ist grundsätzlich möglich, allerdings sind die Anforderungen der Rechtsprechung hier sehr hoch und bestehen lediglich unter den strengen Voraussetzungen des § 136 SGB VII.
Die Unfallversicherungsträger stellen Beginn und Ende ihrer Zuständigkeiten für Unternehmen durch schriftliche Bescheide fest. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist die Berufsgenossenschaft dieses an den zuständigen Unfallversicherungsträger. Die Überweisung erfolgt im Einvernehmen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger und ist dem Unternehmen vom überweisenden Unfallversicherungsträger bekanntzugeben.
Gemäß § 136 Abs. 2 S. 1 SGB VII ist die Feststellung der Zuständigkeit als von Anfang an unrichtig anzusehen, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Eine Änderung der Zuständigkeit aufgrund einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 des SGB X liegt wiederum dann vor, wenn ein Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehr als ein Jahr zurückliegt und seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen eingetreten sind. Gleiches gilt, wenn die Änderung der Zuständigkeit durch Zusammenführung, Aus- oder Eingliederung von abgrenzbaren Unternehmensbestandteilen bedingt ist. Änderungen gelten allerdings als nicht wesentlich, sofern ein Teil des Unternehmens einem nicht zum Hauptunternehmen gehörenden Bestandteil dient und in eigener Rechtsform ausgegliedert ist. Voraussetzung für eine Überweisung ist nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII demnach, dass die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig war oder dass sich die Zuständigkeit ändert.
Ein Wechsel der Berufsgenossenschaft ist somit grundsätzlich nur möglich, wenn schon die erstmalige Aufnahme des Unternehmens durch eine Berufsgenossenschaft unrichtig war und deshalb korrigiert werden muss. Das Gesetz will damit ständig wiederkehrenden Streit über die Zuständigkeit mit der Folge eines möglicherweise mehrfachen gerichtlich erzwungenen Zuständigkeitswechsels vermeiden und räumt deshalb dem Grundsatz der „Katasterstetigkeit“ eine hohe Bedeutung ein. Fehlt es demnach an einer erstmaligen Aufnahme des Unternehmens durch eine Berufsgenossenschaft, etwa weil das Unternehmen bereits vormals einem anderen Unfallversicherungsträger zugeteilt war und im Rahmen der Überweisungsentscheidung in der Regel sowohl die überweisende als auch die die Zuständigkeit übernehmende Berufsgenossenschaft die Zuständigkeitsvoraussetzungen geprüft und geklärt haben, so soll es damit sein Bewenden haben. Es besteht keine Rechtsschutzmöglichkeit für das Unternehmen. Das Bundessozialgericht hat diese Regelung bestätigt (BSG v. 12.04.2005 – B 2 U 8/04 R). Nach Ansicht des Gerichts würde ohne die Beschränkung einer Überweisung in den Fällen der erstmaligen Aufnahme eines Unternehmens durch eine Berufsgenossenschaft eine nachfolgende Korrektur von Überweisungsbescheiden, welche aufgrund einer tatsächlichen Änderung des Unternehmens ergangen sind, möglich sein. Daraus würde eine nicht hinnehmbare Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Zuordnung von Unternehmen zur jeweiligen Berufsgenossenschaft folgen.
Eine Wechselmöglichkeit besteht hingegen im Falle der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse eines Unternehmens. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt wie bereits erwähnt gemäß § 136 Abs. 2 S. 2 SGB VII vor, sollte ein Unternehmen beziehungsweise der Betriebszweck eines Unternehmens grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden sein.