Keine Beitragszahlungen bei drohender Zahlungsunfähigkeit wegen Corona

Durch die staatlichen Maß­nah­men zur Eindäm­mung des Coro­n­avirus mussten viele deutsche Unternehmen ver­schiede­nen Gewerbes vorüberge­hend schließen. Umsatzein­bußen und rote Zahlen waren die Fol­gen. Sozialver­sicherungs­beiträge wur­den den­noch einge­fordert. Doch das Inter­esse des Einzel­nen am Erhalt seines Unternehmens kann dem Inter­esse des Ver­sicherungsträgers an der Beitragsnach­forderung vorge­hen. Das hat das Lan­dessozial­gericht Bay­ern in seinem Beschluss vom 06.05.2020 (Az. L 7 BA 58/20 B ER) klargestellt.

Fitnessstudio in der Schieflage

Im konkreten Fall hat­te der Ver­sicherungsträger bei ein­er Betrieb­sprü­fung einen Fit­nesstrain­er als „angestellt“ eingestuft und Sozialver­sicherungs­beiträge i.H.v. über 7.500 EUR vom betr­e­f­fend­en Fit­nessstu­dio nachge­fordert. Auf­grund ein­er entsprechen­den Einzugser­mäch­ti­gung wurde die Summe sogle­ich abge­bucht. Das Fit­nessstu­dio ging gerichtlich dage­gen vor und warf dem Ver­sicherungsträger vor, die aktuelle Krisen­si­t­u­a­tion wegen des Coro­n­avirus nicht aus­re­ichend berück­sichtigt zu haben. Das Lan­dessozial­gericht Bay­ern gab nun dem Fit­nessstu­dio Recht.

Glaubhaftmachung drohender Zahlungsunfähigkeit wegen Corona-Maßnahmen

Das Fit­nessstu­dio kon­nte glaub­haft machen, dass ihm allein auf­grund der staatlichen Coro­na-Maß­nah­men zur Eindäm­mung des Virus, trotz Auss­chöp­fung eigen­er finanzieller Mit­tel, die Zahlung­sun­fähigkeit dro­he, sofern die Beitragsnach­forderun­gen vom Ver­sicherungsträger ein­be­hal­ten wür­den. Dies würde eine unbil­lige Härte darstellen, so das Gericht. Diese sei auch nicht durch über­wiegende öffentliche Inter­essen geboten.

Abwägung: Unternehmensinteressen vs. Interessen des Versicherungsträgers

Das Inter­esse der Sozialver­sicherung, auch und ins­beson­dere in Krisen­zeit­en mit den erforder­lichen Beitragsmit­teln aus­ges­tat­tet zu sein, stünde dem nicht ent­ge­gen, so das Gericht. Denn in diesem Sinne sei erst Recht zu berück­sichti­gen, dass das Fortbeste­hen des Fit­nessstu­dio­be­treibers eben­falls im Inter­esse der Sol­i­darge­mein­schaft, das heißt der Ver­sicherung, ste­he. Immer­hin beschäftige die Antrag­stel­lerin mehrere Arbeit­nehmer und leiste monatliche Sozialver­sicherungs­beiträge in Höhe von rund 2.500 EUR. Dies müsse berück­sichtigt wer­den, so das Gericht. Dass dem Fit­nessstu­dio trotz vor­läu­figer Beitragsrück­zahlung die Insol­venz dro­he und der Ver­sicherungsträger die Beitrags­forderun­gen damit endgültig ver­löre, sei nicht ersichtlich.

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Unab­hängig von der coro­n­abe­d­ingten dro­hen­den Zahlung­sun­fähigkeit im vor­liegen­den Fall war zudem stre­it­ig, ob für den betr­e­f­fend­en Fit­nesstrain­er über­haupt Sozialver­sicherungs­beiträge zu zahlen waren. Während der Ver­sicherungsträger den Fit­nesstrain­er in der Sta­tus­fest­stel­lung als „angestellt“ ein­stufte, brachte das Fit­nessstu­dio vor Gericht gute Argu­mente für dessen Selb­st­ständigkeit vor. Darüber hat das Gericht in der Haupt­sache also noch zu entschei­den. Dieser Beschluss zeigt, dass Sozialver­sicherungs­beiträge keines­falls blind gezahlt wer­den soll­ten. Wir von AMETHYST-Recht­san­wälte prüfen Ihre Forderungs­beschei­de gründlich und unter­stützen Sie gegen die Versicherungsträger.