Beiträge zur Berufsgenossenschaft optimieren
Beiträge zur Berufsgenossenschaft sind hoch, manchmal gefühlt zu hoch. So wichtig und gesellschaftlich relevant Berufsgenossenschaften sind, hat mancher Beitragszahler oftmals das Gefühl mangelnder Transparenz der Gefahrtarife und der Zuordnung einzelner Arbeitnehmer zu den Gefahrklassen. Jedenfalls das Gefühl mangelnder Transparenz ist berechtigt. Es liegt neben der der Komplexität mathematischer Formeln ganz wesentlich in der Satzungsautonomie der Sozialversicherungsträger begründet, die ihre Kalkulationsgrundlagen tatsächlich nicht offen legen müssen. Wir versuchen, ein wenig Licht ins Dunkel der Beitragsberechnung zu bringen.
Außerdem wird aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen der Wechsel einer Berufsgenossenschaft möglich ist und welche rechtlichen Möglichkeiten gegen die Festsetzung von Beiträgen bestehen.
1. Hintergrund
Die Grundlagen der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland sind überwiegend im siebten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) geregelt. Das SGB VII enthält unter anderem die Grundsätze der Entschädigung nach Arbeitsunfällen und dem Auftreten von Berufskrankheiten. Darüber hinaus enthält es Vorschriften zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Rehabilitationsmaßnahmen sowie zur Haftung. Gemäß § 29 Abs. 1 SGB VII sind Berufsgenossenschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisierte Sozialversicherungsträger der gesetzlichen Unfallversicherung. Darüber hinaus sind sie mit dem Recht der Selbstverwaltung ausgestattet und besitzen ein autonomes Satzungsrecht.
2. Grundsätze des Berufsgenossenschaftsrechts
Da die Gesundheitsrisiken des Arbeitnehmers der für den Arbeitgeber erbrachten Arbeitsleistung entstammen, haben Unternehmen die Unfallversicherung ihrer Arbeitnehmer nach § 150 SGB VII allein zu finanzieren. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Kranken- und Rentenversicherung mit grundsätzlich geteilter Beitragslast. Zwar tragen Unternehmen somit die Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung, jedoch sind sie auch von der Leistungspflicht und dem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand freigestellt. Dieser Aspekt darf nicht unterschätzt werden, sorgt er doch dafür, dass Streitigkeiten über die Ersatzpflicht bei Arbeitsunfällen aus den Unternehmen herausgehalten werden. Nach Auftreten eines Versicherungsfalls haben die entsprechenden Berufsgenossenschaften die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers bestmöglich durch Heilbehandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen wiederherzustellen oder, falls dies nicht möglich ist, Entschädigungsleistungen in Form von Renten zu erbringen.
Aus einer Vielzahl von Berufsgenossenschaften sind nach einer Reihe von Fusionen mittlerweile noch neun Versicherungsträger verblieben. Diese haben es bei der Tarifkalkulation nicht einfach, da durch die Fusionen sehr verschiedene Branchen mit äußerst unterschiedlichen Belastungen in nur wenigen Tarifstellen zusammengefasst werden müssen.
3. Einordnung der Unternehmen
Die Unfallversicherungsträger sind in verschiedene Branchen gegliedert. Diesen Branchen gehören jeweils Unternehmen an, die die gleichen oder ähnliche Tätigkeiten ausführen. Trotz dieser einheitlichen Branchentätigkeit kann das Unfallrisiko einzelner Gewerbezweige innerhalb einer Berufsgenossenschaft unterschiedlich hoch ausfallen. Um diese Differenzierungen auch im Hinblick auf die Höhe der Beitragszahlungen berücksichtigen zu können, haben die einzelnen Berufsgenossenschaften gemäß § 157 SGB VII sogenannte Gefahrtarife aufgestellt.
Um eine risikogerechte Berechnung der Arbeitgeberbeiträge durchführen zu können, werden Unternehmen unterschiedlicher Branchen je nach Gefährdungspotential verschiedenen Tarifen zugeteilt. Dazu setzen die Berufsgenossenschaften Gefahrtarife fest, denen die Unternehmen per Veranlagungsbescheid zugeordnet werden und in denen zu einer weiteren Abstufung Gefahrklassen gebildet werden. Die unterschiedlichen Gefahrtarife werden nach Tarifstellen gegliedert, in denen wiederum Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden. Schon bei der Einordnung eines Unternehmens in eine Tarifstelle gibt es häufig Rechtsfragen zu klären. Dazu gehört beispielsweise häufig die Frage, ob kaufmännisches und verwaltendes Personal bei gewerblichen Tarifstellen gesondert zu berücksichtigen ist. Die meisten Berufsgenossenschaften bilden mittlerweile jedoch einheitliche Gefahrtarife für Gewerbezweige, ohne Verwaltungstätigkeiten hiervon auszunehmen. Beispiel BG Verkehr: Die Gefahrklasse Güterverkehr beträgt 10,60 mit in der Folge recht hohen Beiträgen. Diese gelten auch für das Verwaltungspersonal, weil es an einer eigenen Gefahrtarifstelle für diese Personen fehlt. Die BG Bau hingegen nimmt Büroteile von Unternehmen in einer eigenen Tarifstelle von den gewerblichen Tätigkeiten mit deutlich günstigerer Belastung aus. Hier stellt sich dann aber die nächste Frage: Gehört ein Bauleiter zum Büroteil oder doch zum „Bauwerksbau“? Die meisten Berufsgenossenschaften verfügen immerhin über konkretere Leitlinien zur Zuordnung, über die sich solche Zweifelsfälle jedenfalls häufig lösen lassen.
Berufsgenossenschaften können zur Sicherung ihres Beitragsaufkommens gemäß § 164 Abs. 1 SGB VII per Bescheid Vorschüsse bis zur Höhe des voraussichtlichen Jahresbedarfs erheben. Mit Erlass des sich anschließenden, endgültigen Beitragsbescheides erledigt sich dementsprechend der Vorschussbescheid und wird durch den Beitragsbescheid ersetzt.