Bei Betriebsprüfungen kann der Versicherungsträger auf Infos vom Hauptzollamt zurückgreifen
Der Versicherungsträger kann im Rahmen einer Prüfung nach § 28p Abs. 1 S. 1 SGB IV Unterlagen vom Hauptzollamt einbeziehen und unter sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten auswerten. Das hat das Landessozialgericht Köln mit Beschluss vom 16.03.2020 (Az. L 8 BA 195/19 B ER) festgestellt.
Prüfung der Versicherungsträger nach § 28 Abs. 1 S. 1 SGB IV
Die Antragstellerin warf dem Versicherungsträger (Antragsgegnerin) vor, dass keine Prüfung im Sinne des § 28p Abs. 1 S. 1 SGB IV erfolgt sei und hielt den Bescheid deshalb für rechtswidrig. Nach dieser Norm haben die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern zu prüfen, ob diese ihre Meldepflichten ordnungsgemäß erfüllen.
Der Versicherer habe sich jedoch in diesem Fall auf eine Prüfung des Hauptzollamtes gestützt und seine Verpflichtung vernachlässigt, eigenständige Beweiserhebungen vorzunehmen. Das Gericht sah in vorliegendem Fall allerdings kein Kriterium, den Beitragsbescheid als rechtswidrig einzustufen.
Eine (eigene) Prüfung liegt vor
Zunächst einmal stellte das Gericht fest, dass der Versicherungsträger tatsächlich selbst eine Prüfung vorgenommen habe, indem er Unterlagen des Hauptzollamts ausgewertet und unter sozialversicherungsrechtlichen Aspekten geprüft habe. Auch nach dem Widerspruch der Antragstellerin sei eine erneute Prüfung erfolgt sowie hinsichtlich der geforderten Säumniszuschläge.
Die Kritik der Antragstellerin an der Nutzung der Zoll-Unterlagen durch den Versicherer könne somit lediglich das „Wie“ der Prüfung betreffen, nicht aber das „Ob“. Doch auch an der Art und Weise der Prüfung hat das Gericht hier keine Bedenken geäußert.
Warum der Versicherungsträger mit dem Hauptzollamt zusammenarbeiten darf
Das Gericht verwies darauf, dass die Behörde Art und Umfang ihrer Amtsermittlungen selbst bestimmen darf und gerade hinsichtlich der erforderlichen Beweismittel freies Ermessen habe (§§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X). Insbesondere dürfe sich der Versicherungsträger daher Auskünfte jeder Art einholen, Urkunden sowie Akten beiziehen, so wie im vorliegenden Fall die Ermittlungsunterlagen des Hauptzollamtes.
Die Zollbehörden sind sogar verpflichtet, zu ermitteln, ob die Arbeitgeber die Pflichten, die sich aus Dienst- und Werkverträgen ergeben (§ 28a SGB IV) einhalten (§ 2 Abs. 4 SchwarzArbG). Darüber hinaus müssen sich die Behörden sogar gegenseitig unterstützen und einander die erforderlichen Informationen, inklusive der personenbezogenen Daten und Prüfungsergebnisse, zur Verfügung stellen. Nach § 2 Abs. 4 S. 3 SchwarzArbG können die Prüfungen beider Behörden sogar miteinander verbunden werden.
Der Beitragsbescheid ist rechtmäßig
Im konkreten Fall seien die Unterlagen und Protokolle des Hauptzollamtes so hinreichend und ausführlich dargestellt, dass der Versicherer auch Feststellungen nach § 28p SGB IV habe treffen dürfen, so das Gericht. Weitere Ermittlungen vor Bescheiderlass seien somit nicht notwendig gewesen.
Deshalb seien auch insgesamt keine Anhaltspunkte ersichtlich, wieso das Auswerten der Unterlagen der Zollbehörde durch den Versicherungsträger, dessen Prüfung und den damit einhergehenden Bescheid rechtswidrig gemacht haben soll.
AMETHYST-Tipp – Bei der Wahrheit bleiben
Zu den Hintergründen: Das Gericht sah es in diesem Fall als erwiesen an, dass die Arbeitgeberin einen ihrer Arbeitnehmer z.T. schwarz beschäftigt hatte. Dieser Fall zeigt, dass im Zusammenhang mit sozialversicherungsrechtlichen Angaben doppelte Vorsicht geboten ist und lieber wahrheitsgemäße Angaben gemacht werden sollten. Denn der Versicherungsträger darf sich nicht nur der Ermittlungsunterlagen anderer Behörden bedienen, sondern beispielsweise auch aktiv mit der Zollbehörde zusammenarbeiten – und vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei.
Dieses Motto gilt im Übrigen auch für unsere Rechtsberatung. Wir unterstützen Sie im Sozialversicherungsrecht, prüfen Ihre Bescheide und vertreten Sie im Verfahren gegen Ihren Versicherungsträger.